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Pressekonferenz fünfter Spieltag

Dresden, 17/11/2008

Zur Pressekonferenz des fünften Tages begrüßte Moderatorin Susan Polgar in zwei Runden die bisher spielstärksten Gäste. Um 18:30 Uhr gingen die ersten Fragen an Elisabeth Pähtz, die Spitzenspielerin und medienerfahrene Deutsche.



„Elisabeth, deinen Vater kannte ich schon, da warst du noch gar nicht geboren, wie bist du zum Schach gekommen?“ „Ehrlich gesagt hat es mein Vater erst meinem Bruder beigebracht und ich habe zugeschaut. Dadurch habe ich es auch gelernt. Als ich dann selbst gespielt habe und besser wurde, hat mein Vater beschlossen, dass er mit mir und fünf anderen ein professionelles Training macht. Ich war die jüngste in der Gruppe und das war wahrscheinlich noch ein zusätzlicher Vorteil für mich“. „Was sind deine nächsten Ziele?“ „Das sind die 2500 Elopunkte, die ich knacken will. Wenn ich das nicht in absehbarer Zeit schaffe werde ich etwas anderes versuchen“.

 


Susan Polgar fragte nach Elisabeth’s Militärdienst und erfuhr, dass sie in der Sportförderkompanie der Bundeswehr angestellt ist und das bis zum Juli nächsten Jahres. „Das ist sehr angenehm dort – außer den ersten beiden Monaten“ grinste Elisabeth. „Sie gibt auch in Uniform eine gute Figur ab!“ rief der Georgier Baadur Jobava dazwischen. Nicht seine erste Bemerkung, weshalb ihm Susan das Wort erteilte. „Du hast einmal eine Partie gegen Bareev gewonnen, weil du die Eröffnungsvariante 34 Züge lang kanntest. Bist du gut darin, dir Varianten merken zu können?“ „Ja, ich denke, das ist eine meiner Stärken“.

 


Der Offizielle auf dem Podium war ein alter Bekannter: Nigel Freeman ist der Präsident des Schachverbands der Bermudas. Natürlich wurde er zur am späteren Abend stattfindenden Bermuda-Party befragt. „Die Tradition geht zurück auf die Olympiade in Malta 1980. Dort waren die Mannschaften in verschiedenen Hotels untergebracht und unser Team hat irgendwann eine Party in ihrem Haus geschmissen, die wohl legendär war. Von da an ging es bei jeder Olympiade weiter von 450 beim ersten bis zu 1500 Gästen beim letzten Mal.“ „Können wir uns wieder auf eine Boxeinlage freuen, wie das letzte Mal zwischen Aronian und Gormally?“ fragte Susan nach dem Programm. „Nein, Daniel (Gormally) ist dieses Mal nicht dabei, Aronian kann seine Bodyguards zu Hause lassen“.

 

 

Ein Kind der Internetgeneration ist zweifellos Hikaru Nakamura, der das zweite Brett der USA besetzt. Zunächst etwas spöttisch ob seiner manchmal etwas seltsamen Eröffnungen belächelt weist er mittlerweile über 2700 Elopunkte auf. Danach befragt, ob er immer noch viel im Internet spiele meinte er: „Ehrlich gesagt ist es im letzten halben Jahr deutlich weniger geworden. Ich habe gemerkt, dass ich schachlich seriös arbeiten muss.“ „Aber trotzdem zockst du weiter“ warf wiederum Jobava ein. „Wahrscheinlich spiele ich immer noch mehr als andere“ gab Nakamura zu.

 

 

Susan Polgar fragte anschließend in die Runde, wie die physische Vorbereitung für eine Olympiade aussehe. Jobava: „Total wichtig, wenn man sich nicht fit hält, ist man in der Turniermitte am Ende. Zu Hause laufe ich in einem botanischen Garten und schwimme.“ Nakamura hält sich mit Laufen und Tennis fit. Elisabeth Pähtz macht es von der Jahreszeit abhängig: „Gegen Ende des Jahres bin ich meistens kränklich, auch jetzt habe ich wieder eine Erkältung“.

 

 

Der noch nicht zu Wort gekommene Sergey Movsesian, der für die Slowakei spielt antwortete: „Ich sollte mehr machen, Laufen und Radfahren sind am ehesten meine Sportarten“. Sergey ist ein Sprachgenie: Als Armenier in Georgien geboren zog er mit der Familie nach Tschechien, um die Schachkarriere besser entwickeln zu können. Er spielt in Deutschland in der Bundesliga und diversen anderen Mannschaftsmeisterschaften mit und spricht acht Sprachen perfekt, darunter Englisch, Deutsch, Russisch, Serbokroatisch und Tschechisch. Auf Susan’s Frage, wieso er mittlerweile auf Weltranglistenplatz 13 geklettert ist, meinte er: „Ich kann es mir selbst nicht erklären, ich habe eigentlich nichts an meinem Training geändert, aber im letzten Jahr habe ich wertungsmäßig gut zugelegt“.

Auf die Frage, wie die Spieler die Bevorzugung der Mannschaftspunkte gegenüber den Brettpunkten bewerten, meinten die meisten, dass sie es im Prinzip begrüßen, da es die chinesische und die russische Mannschaft schwerer haben werden. Diese beiden Teams sammelten in der Regel aufgrund ihrer Stärke sehr viele Brettpunkte, die jetzt nur noch nachrangig auf die Platzierung Einfluss haben.

„Wie bist du bisher mit dem Abschneiden eurer Mannschaft (Deutschland A) zufrieden?“ richtete ein Journalist die Frage an Elisabeth Pähtz. „Nicht so sehr. Gegen Iran in der ersten Runde haben wir zwei Weißpartien zum 2:2 verloren. Und gestern haben wir gegen Indien 1,5:2,5 verloren, obwohl ich in einer Situation Remis gemacht habe, als wir sehr gute Stellungen auf den anderen Brettern hatten. Aber wir haben eine junge, noch relativ unerfahrene Mannschaft, da passiert so etwas“.

Die Frage nach der fiktiven Wette auf den Olympiasieger bei den Damen und Herren beantwortete Jobava mit „Georgien, zweimal!“. Nakamura tippte auf Armenien und China, Nigel Freeman auf Ukraine und China, Sergey Movsesian auf China und Russland und Elisabeth Pähtz auf Russland und Georgien „weil ich denke, dass die georgischen Damen eine echte Mannschaft sind, die Russinnen scheinen mir kein wirkliches Mannschaftsgefühl zu versprühen. Außerdem kenne ich die meisten Georgerinnen sehr gut!“

 

 

Zur zweiten Runde konnte Susan Polgar Deutschlands Spitzenbrett Arkadij Naiditsch begrüßen, der Vizeweltmeister Vladimir Kramnik ein Remis abgetrotzt hatte. „Ich hoffe noch auf ein 2:2“ zeigte sich Naiditsch zuversichtlich, dass Jan Gustafsson sein Turmendspiel mit Minusbauer gegen Alexander Morosewitsch würde halten können. „Was machst du neben dem Schach?“ fragte Susan. „Ich denke ich bin relativ normal, gehe gerne aus und mache seit sechs Jahren Karate“. Ebenfalls auf dem Podium Platz genommen hatten die beiden indischen Spitzenspieler Krishnan Sasikiran und Pentala Harikrishna. „Sasi“ nennt man Erstgenannten kurz und er ist ein wohlüberlegender junger Mann. „Heute muss man schon 2725 Elo haben, um zu richtig guten Turnieren eingeladen zu werden, 2700 reichen schon nicht mehr aus“ antwortete er auf die Frage, was ihm diese Marke bedeute.

 

 

Susan fragte, wie ihm die Organisation gefalle: „Der Spielsaal ist schon ein wenig überfüllt“ und nach einer Weile meinte er weiter „und unser Hotel ist sehr weit weg vom Spielort, da brauchen wir mindestens eine halbe Stunde mit der Trambahn, was von unserer Vorbereitungszeit abgeht“. Nach den indischen Chancen befragt meinte er: „Ok, wir haben gegen Russland verloren, obwohl ich wahrscheinlich sogar eine Gewinnstellung gegen Kramnik hatte, aber es ist nur eine Niederlage. Wenn wir den Rest gewinnen, sind wir vorne.“

 

 

Pia Cramling hatte sich mittlerweile aufs Podium begeben, Susan verglich sie ein wenig mit Keres und Kortschnoi, die auch nie Weltmeister wurden. Beide kennen sich seit 1981 und Pia’s Tochter kommt mit ihren sechs Jahren nicht zum ersten Mal zu einer Olympiade. Auch sie bewegt schon die Figuren auf den 64 Feldern. Da ihr Mann Juan Bellon auch Großmeister und der schwedische Coach ist, ist zu Hause Schach angesagt: „Wir reden viel über Schach, manchmal spielen wir auch, aber dann will unsere Tochter auch mitmischen.“

 

 

Pentala Harikrishna hat dieses Jahr den SPICE Cup an der Texas Tech University gewonnen – das Institut, das von Susan Polgar geleitet wird. „Ein Mannschaftswettbewerb wie die Olympiade ist etwas ganz anderes als ein Einzelturnier, aber die Olympiade ist der Höhepunkt“. Auf den Weltmeistertitel Viswanathan Anands und den daraus resultierenden Schachboom in Indien angesprochen meinte Pentala: „Es kommen immer mehr junge Talente hoch, wir haben eine Menge Weltmeister bei den Jugendlichen und Kindern“. Sasi ergänzte: “ Leider konnten wir Anand nicht dazu bringen hier zu spielen, wir haben ihn unter Druck gesetzt, aber vergeblich. Nach einem WM-Kampf muss man auch erstmal runterkommen.“

Die Meinungen über den potenziellen Olympiasieger lauteten China (Männer) und Russland (Frauen) bei Arkadij Naiditsch, Russland und China bei Harikrishna und Cramling und „Indien, zweimal!“ bei Sasikiran. Soviel Mut wurde mit Applaus verabschiedet.


Text: Peter Dengler
Fotos: Georgios Souleidis

 

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