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Ein hessischer Schwede mit Träumen

Dresden, 19/11/2008

Einer der ersten Spieler, den ich bei dieser Olympiade sah, war der schwedische Großmeister Slavko Cicak. Die Bitte um die Teilnahme an der ersten Pressekonferenz reichte er an seinen Mannschaftskollegen Tiger Hillarp Persson weiter, aber nach seiner Partie am vierten Spieltag erklärte sich Slavko zu einem Interview bereit.



Peter Dengler: Slavko, ich kenne dich aus der Zeit Ende der neunziger Jahre, als du in Hessen bei jedem Schnellturnier fast immer einen der Preise abgeräumt hast. Wo wohnst du jetzt?


Slavko Cicak: Immer noch in Frankfurt am Main!


Wie war dein Werdegang?


Geboren bin ich in Podgorica, der heutigen Hauptstadt von Montenegro. Als ich zwei Monate alt war, bin ich mit meinen Eltern nach Schweden gezogen, weil mein Vater als Mechaniker bei einer großen Firma arbeiten wollte.


Das hatte also nichts mit den späteren Problemen in Jugoslawien zu tun?


Nein, ich bin jetzt 39, wir sind also schon Ende der Sechziger Jahre nach Schweden gezogen.


Wie ging es mit dem Schach los?


Ich bin mit sieben Jahren in den Hallender Schachklub, ungefähr 15 Kilometer außerhalb von Stockholm gegangen. Bequemerweise war der Schachklub bei uns im Keller unseres Wohnhauses. Jeden Tag hat sich dort ein multikultureller Haufen von Jugoslawen, Arabern und Schweden zum Schach versammelt. Schweden habe ich dann zum ersten Mal international auf der Kadetten-WM im Jahre 1985 vertreten, wo ich Zweiter wurde. Da war zum Beispiel auch Christopher Lutz dabei, gegen den ich Remis spielte. 1987 sind wir aus steuerlichen Gründen nach Deutschland gegangen. Ich habe dann noch meinen Wehrdienst in der jugoslawischen Armee absolviert. Gott sei Dank bin ich dort ein paar Monate vor dem Beginn der ersten Unruhen rausgekommen, da hatte ich wirklich Glück.


In welchen Vereinen in Deutschland hast du bisher gespielt?


Heidelberg war mein erster Klub, da war die Deutsche Post unser Sponsor und ich hatte die Möglichkeit in der Bundesliga gegen starke Gegner zu spielen. Außerdem habe ich noch für Offenbach, Schöneck und Mainz gespielt, jetzt bin ich bei Burgsinn. Das ist eine nette Truppe, mir ist das wichtig, dass es auch menschlich zusammenpasst.


Ich erinnere mich, dass du mit der Mannschaft dieses Jahr Bayerischer Mannschaftsblitzmeister geworden bist – und du hast am ersten Brett 17 Punkte aus 17 Partien gemacht. Ehrlich gesagt habe ich nicht erwartet, dass du einmal so stark wirst, wie kommt diese Steigerung in den letzten zehn Jahren?


Ganz klar, durch das Internet! Seit fünf Jahren spielen ich dort verstärkt. Dadurch habe ich mich selbst auch schachlich so richtig kennengelernt. Ich habe gemerkt, dass ich taktisch gut bin und im Web verschiedene Sachen probiert, die mir auch im Turnierschach helfen. Heute haben junge Spieler die Chance binnen eines Jahres durch Training im Internet ein Nieveau zu erreichen, welches man früher vielleicht erst nach zehn Jahren intensiven Trainings bekommen konnte.


Arbeitest du noch etwas neben dem Schach?


Mein Vater ist selbständig und hat eine Dreherei. Da helfe ich mit. Ich spiele auch wie so mancher andere Poker. Ich mag es vielfältig und auch die Veränderung. Tatsächlich hatte ich für Schach nie so große Ambitionen. Ich wollte mich auch in der Nationalmannschaft nicht aufdrängen, obwohl ich von der Spielstärke vielleicht schon eher bei einer Olympiade als in Turin 2006 hätte spielen können.


Was sind deine nächsten Pläne?


Ab 26.12. spiele ich ein Turnier in Las Vegas. Ich habe dort einen Bekannten und werde wohl einige Monate dort bleiben. Dann stehen vor allem Poker und Schachturniere auf dem Programm. Als Schachtrainer in den USA zu arbeiten ist ein kleiner Traum, den ich gerne verwirklichen würde.


Wen würdest du trainieren?


Keine Anfänger, sondern Spieler, die zwischen 2200 und 2400 liegen. Ich habe viele Ideen, wie ich Spieler dieser Stärke weiterbringen könnte. Wie gesagt, ich mag die Veränderung, ich bin schon fast zu lange in Deutschland.


Dann hoffe ich, dass du deine Träume möglichst vollständig verwirklichen kannst und wünsche eine große Silvestersause in Las Vegas!


Peter Dengler

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