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Zur Sache: der Weltranglistenerste Veselin Topalov

Dresden, 24/11/2008

Der Weltranglistenerste Veselin Topalov hatte schon vor einigen Tagen versprochen, am spielfreien Tag vor der letzten Runde den Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Pünktlich erschien er schon wenige Minuten vor 16 Uhr im Pressezentrum der Schacholympiade mit seinem Manager Silvio Danailov.



Moderatorin Susan Polgar fragte ihn zunächst, wie es kam, dass er doch bei der Olympiade für Bulgarien antrat. „Bis zehn Tage vor Beginn wusste ich nicht, dass ich spielen würde, mein Match gegen Kamsky war ja für den 26.11. angesetzt. Als sich das dann zerschlagen hat und wir auch gute Konditionen für unsere Mannschaft bekommen haben, wollte ich gerne hier in Dresden spielen“. Wie es zum Unfall in der ersten Runde gegen die zweite Mannschaft Deutschlands kam und warum er in den ersten beiden Runden nicht gespielt habe fragte die gebürtige Ungarin weiter. „Ich pausiere eigentlich immer in den ersten Runden, denn da haben wir schwächere Gegner. Die Mannschaft war ja stark genug dort zu gewinnen, aber offensichtlich waren einige nicht in bester Form“.

Topalov berichtete weiter, dass ihm der bisherige Spielstil seiner Gegner bei der Olympiade mit den weißen Steinen entgegenkam. „Sie haben nicht auf Remis gespielt, das ist gut für mich. Probleme hatte ich nur gegen Beliavsky, als ich einen Bauern eingestellt habe und er sich umgehend revanchierte, auch der Schwede Berg hat lange Zeit sehr gut gespielt“. Susan Polgar zeigte sich informiert: „Bulgarien hat aus 40 Partien nur sieben Remis zu Buche stehen, seid ihr besonders kamplustig?“ – Da zeigte sich sogar Topalov überrascht: „Das wusste ich auch nicht, einerseits liegt das wohl an der 30-Züge Regel und andererseits daran, dass wir viele schwächere Gegner hatten“. Völlig ohne Frust berichtete er von der Niederlage gegen Alexej Shirov am Vortag: „Ich habe einen Zug übersehen, es war sehr kompliziert und ich habe den Überblick verloren. Ich hatte aber auch noch keine Zeit, die Partie mit dem Computer zu überprüfen“.


Susan leitete zum anstehenden Match gegen Kamsky über und erwähnte, dass beide fast gleich alt sind. Überraschenderweise gibt es nicht allzu viele Partien zwischen den beiden. „Bevor Kamsky sich zurückzog haben wir wohl nur zwei Partien gespielt, danach habe ich insgesamt noch dreimal gewonnen, so dass mein Score plus vier sein müsste. Aber seine Spielstärke nähert sich dem Niveau an, dass er vor seinem Rückzug hatte“. Wie Kamskys Spielstil zu charakterisieren sein? „Ich würde sagen, universell! Er hat eine Menge Energie und ist nervenstark. Vielleicht hat er vor 1996 zu viele Matches gespielt“. Wie er den jetzigen Modus zur Ermittlung des Weltmeisters bewerte?

 

 

„Es gibt drei Modi: Match, Turnier und Kockout. Das ist für mich alles in Ordnung, aber ein begonnener Zyklus muss zu Ende gebracht werden, das ist das Wichtigste“. Ob es ein Vorteil sei im Heimatland zu spielen wollte ein anderer Pressevertreter wissen. Topalov war sich nicht sicher: „Wenn es gut läuft ist es ein Vorteil, umgekehrt ein Nachteil“.


Welche Rolle die Fitness spiele, fragte die Exweltmeisterin. „Ganz klar, heute musst du auf höchstem Schachniveau körperlich und mental fit sein. In meinem Alter sehe ich da aber auch noch keine Probleme. Kasparov, Anand und Karpov waren oder sind in höherem Alter auf ihrem höchsten Niveau“.

Nach den zur Olympiade eingeführten Regeländerungen befragt, zeigte sich Topalov unkritisch: „Ob Matchpunkte oder Brettpunkte ist mir eigentlich egal, da ändert sich für mein Spiel nichts. Aber ich mag strikte Regeln, deshalb finde ich das mit dem Partieverlust bei zu Spätkommen nicht schlecht. Persönlich könnte ich mir hier auch eine finanzielle Strafe vorstellen, das wirkt! Und bezüglich 30-Züge Regel hätte ich nichts dagegen, wenn man wie in Sofia gar kein Remis anbieten darf, bis die Stellung völlig ausgespielt ist!“


Wen er im nächsten Jahr und im 2011 zu Ende gehenden Zyklus als Anwärter auf den Schachthron sehe, fragte ein amerikanischer Journalist. „2011 ist viel zu weit weg, da mache ich mir gar keine Gedanken, ich ziehe es vor im Jetzt zu denken. Heutzutage kommen junge Spieler innerhalb eines halben Jahres in die Weltspitze, wofür man früher 10 Jahre brauchte, schafft man heute in drei Jahren. Klar, von Carlsen spricht jeder, aber er muss sich auch erstmal gegen einen Iwantschuk durchsetzen.“

Wenig begeistert zeigte sich Topalov von den aktuellen Marketingaktivitäten der FIDE. „Ich habe einen guten Manager (Anm.:Danailov), der es immer wieder schafft das nötige Geld aufzutreiben. Deswegen hat man ihm auch die Organisation des Grand Prix übertragen. Im nächsten Monat spiele ich ein Turnier in China mit, den Markt halte ich für sehr wichtig. Von der FIDE kommt wenig.“

Zum Abschluss fragte Susan Polgar den Weitgereisten nach seinem Lieblingsland. Topalov äußerte Bedauern, dass er nicht schon mehr spanischsprachige Länder in Mittel- und Südamerika besucht hat und bezeichnete Argentinien „aufgrund der guten Erinnerungen“ als sein Lieblingsreiseziel.


Text: Peter Dengler
Foto: Georgios Souleidis


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